Freitag, 19. November 2010

Ausgeruht

Wo war ich stehen geblieben ... ach ja, bei meinem ersten Besuch im EIAB :-) Ich hatte nicht erwartet, dass sich zu diesem laufenden Treffen doch so viele Menschen einfinden. Unsere Gruppe bestand aus 15 Teilnehmern. Gut, 15 mag jetzt auch nicht eine wahnsinnig große Zahl sein, aber meine Erwartungen waren niedriger. Bei den Treffen geht es generell um die tägliche Achtsamkeit im Leben. Achtsamkeit im Sinne des Buddhismus bedeutet, das Leben zu spüren, es bewusst wahrzunehmen. Wir lassen viel zu viel von unserem Leben verstreichen, ohne darauf zu achten. Jeder Moment, der vergeht, ist ein Moment unseres Lebens, der nicht wiederkommt. Ihn nicht bewusst gelebt zu haben, gerade wenn wir gesund sind, uns noch an allen Sinnen erfreuen können, ist er nutzlos vergangen. Ich gebe zu, noch vor kurzem hätten mich solche Worte zu einem Schmunzeln verleitet, da sich das sehr "spirituell" anhört. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass man schöne Momente verstreichen lässt, ohne sie intensiv ausgekostet zu haben, wird man dies vielleicht erst erkennen, wenn es zu spät ist.


Das Treffen wurde von einer buddhistischen Nonne geleitet. Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass es buddhistische Nonnen gibt. Vermutlich lag dies daran, dass gerade in Film und Fernsehen meist nur Mönche gezeigt werden.

Schon bei der Begrüßung strahlte sie eine solche Freundlichkeit und Wärme aus, die mich total in Ihren Bann gezogen hat. Ich habe noch nie einen Menschen, mit einer solchen Ausstrahlung getroffen. Keine Ausstrahlung durch Äußerlichkeiten, sondern aus einer Offenheit aus vollem Herzen heraus. Man kann das schwer beschreiben, es war wie eine Aura des tiefen inneren Friedens und der Hilfsbreitschaft, die von dieser Nonne ausging.

Zunächst wurde eine geführte Meditation vollzogen. Eine halbe Stunde, in völliger Entspannung sitzend und sich selbst und das Leben in einem, wahrnehmen. Als ich dies meiner Frau später erzählte, fragte sie verwundert: "Eine halbe Stunde nur meditieren?". Ich, als bekannt hektischer Mensch, dem nichts schnell genug geht, dachte zunächst auch: "Oh je, schaffe ich das?" Das Ziel der Meditation ist es, seinen Geist völlig zu leeren und nur auf die eigenen Sinne zu achten. Es beginnt damit, sich auf das eigene Atmen zu konzentrieren, es bewusst wahrzunehmen. Wenn man nur darauf achtet, leert sich der Kopf von anderen Gedanken. Wer aber nun meint, dass es dabei auch bleibt, der irrt. Es ist extrem schwierig, über einen längeren Zeitraum nichts zu denken. Man sitzt dort, in völliger Stille, bei gedämpften Licht, mit geschlossenen Augen und man hört viel! Jedes Magengluckern, Einatmen, Räuspern, Husten etc. Als ich gerade darüber nachdachte, was wohl mein Sitznachbar gegessen haben mag, dass sein Magen so gluckert, sagte die Nonne, man solle nur hören, ohne die Geräusche zu bewerten, ohne sie zuzuordnen. Ups, erwischt! :-) Immer wieder ertappte ich mich dabei, über etwas nachzudenken. Es bedarf vermutlich jahrelanger Übung, seinen Geist vollkommen frei zu machen. Es war eine absolut neue Erfahrung, vollkommen loszulassen.

Nach der halben Stunde wurde eine Gehmeditation angeknüpft. Darunter konnte ich mir ja so gar nichts vorstellen. Ich denke, jeder der dies nun liest, wird sich denken: "Meine Güte, haben die nichts anderes zu tun als zu meditieren, ist das nicht langweilig?". Alleine diese Betrachtung ist ein typisches Beispiel für unsere hektische Zeit. Es gibt einen buddhistischen Spruch: "Hast Du Eile, gehe langsam!" Und genau das ist es, was uns innere Ruhe geben kann. Wir sind viel zu sehr darauf fokussiert, schnelle Erfolge zu erzielen, die nächste Aufgabe wartet schließlich schon!

Wie meditiert man nun im Gehen? Natürlich langsam und ich, als vollkommener Neuling hatte selbstverständlich das Glück, sozusagen der Anführer dieser "Meditationspolonaise" zu sein, da ich als Erster in der Reihe stand :-) Die Übung: Langsame Schritte zu tun, dabei beim Gehen mit dem linken Fuß, einzuatmen und beim Rechten, auszuatmen. Recht schnell "eilte" ich der Gruppe davon und musste noch langsamer gehen, als langsam für mich bedeutet. All meine Gedanken, die natürlich darum kreisten, wie "dämlich" das erstmal wirkte, waren vollkommen gegen den Sinn dieser Übung. Und so komisch man sich am Anfang vorkommen mag umso wichtiger ist diese Übung. Unser Leben dreht sich immer nur darum, Dinge schnell zu erledigen, schnell zu essen, schnell einzukaufen, schnell aufzuräumen. Ich bin sozusagen der König in dieser Disziplin. Es kostete mich enorme Kraft, langsam zu gehen und ich habe es nicht geschafft, meinen Kopf freizumachen. Das werde ich beim nächsten Mal versuchen.

Nachdem wir die Gehmeditation beendet hatten, konnte jeder in der Gruppe, etwas vortragen. Aus Respekt vor den anderen, verneigt man sich kurz und die Gruppe erwidert diese Verneigung. Man sagt dann, was man mitteilen möchte. Ich erwartete nun, dass man quasi im Dialog das Gesagte, erörtert. Aber so ist es nicht. Man hört nur zu, nimmt vielleicht für sich wahr, was man aus der Erzählung behalten möchte, spricht aber keine Rat oder ähnliches aus, wenn es z.B. um Probleme geht. Ich vermute, dies wird deshalb gemacht, um Dinge nicht zu bewerten. Ich denke, man kann sich etwas von der Seele sprechen, wenn man das Bedürfnis dazu hat, man kann frohe Ereignisse erzählen, um diese mit der Gruppe zu teilen. Später kann man sich immer noch dazu entschließen, mit demjenigen zu sprechen, ihm vielleicht Mut zu machen oder mit ihm zu freuen. Die Praxis erstmal nur zuzuhören und nichts zu sagen, was gerade mir besonders schwer fällt, ist  eine gänzlich neue Erfahrung. Ich neige eher dazu den Leuten schon während des Gesprächs, mit guten Ratschlägen, ins Wort zu fallen :-)

Nach den "Monologen" in der Gruppe, wurde uns die Übung der Erdberührung, die die Buddhisten praktizieren, gezeigt. Darauf gehe ich später nochmal ein. Für heute, war es das erstmal.



Bis dann ...

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